Dominanz - das große Missverständnis

Gerade neulich musste ich auf einer Seite einer Hundeschule lesen, dass Hunde aufs Sofa oder auch ins Bett dürfen, so lange sie nicht dominant sind!
Es entsetzt mich immer wieder, dass Hundetrainer, die über das nötige Fachwissen verfügen sollten, immer noch und immer wieder solche Märchen verbreiten.

Dominanz ist nichts anderes als die Beschreibung einer Beziehung zwischen zwei Individuen oder zwischen Gruppen in einer bestimmten Situation und zeitlich begrenzt. Es ist niemand per se dominant. Dominanz muss vor allem zugelassen werden. Sie geht also vom unterwürfigen (submissiven) Part aus, der die Dominanz des anderen anerkennt, durch entsprechende Verhaltensweisen.

Dominanz hat aber noch eine Eigenschaft. Sie ist nur innerartlich möglich. Ein Hund kann gegenüber einem Menschen daher nie dominant auftreten und auch ein Mensch kann das gegenüber einem Hund nicht.

Ein Hund könnte z. B. folgende Gründe haben, aufs Sofa zu wollen:
- weil es dort gemütlich ist
- weil sein Mensch oder seine Menschen dort

   sind und er ihnen nahe sein möchte
- weil er von dort einen guten Überblick hat
- weil er gelernt hat, dass es sich lohnt dort zu

   sein - vielleicht gab es dort oft

   Streicheleinheiten oder Kekse 

Aber, es gibt doch Hunde, die ihre Menschen angreifen, wenn sie sich aufs Sofa setzen wollen.
Ja, die gibt es. Aber auch hier ist es nicht Dominanz!
Dieses Problem ist eine Ressourcenverteidigung. Der Hund sieht das Sofa als seine Ressource und lässt niemanden dorthin. Was könnte das auslösen? Nun, der Hund könnte gelernt haben, dass er aus seiner Sicht völlig unvorhersehbar vom Sofa "fliegt". Wenn er also nicht schnell genug ist und seinen Platz nicht verteidigt, muss er ihn aufgeben.
Das hat nichts mit Dominanz zu tun, das ist nur völlig falsches Verhalten der Menschen gegenüber dem Hund. Verhalten, das für den Hund unberechenbar ist. 

Stell dir vor, du hast es dir auf der Couch gerade so richtig gemütlich gemacht, bist kurz vorm Einnicken und plötzlich kommt jemand und "schmeißt" dich runter. Das könnte derjenige vielleicht einige Male machen, aber irgendwann würdest du anfangen, deinen Platz zu verteidigen, du bist dann nicht dominant, du sicherst dir nur deinen Platz, also eine Ressource.

Das gleiche passiert übrigens oft bei Hunden, mit denen "trainiert" wurde, dass man ihnen Futter wegnehmen kann. 

Ich habe trainiert in Anführungszeichen gesetzt, weil es eben kein Training ist, dem Hund einfach Futter wegzunehmen. Das ist Diebstahl und für den Hund nicht nachvollziehbar. Was erreicht man durch so ein Verhalten? Der Hund verliert das Vertrauen in seinen Menschen und wird alles daran setzen, sein Futter behalten zu können. 

Und dann, ja dann, beißt er früher oder später zu, und wie es dann oft heißt "so völlig aus dem Nichts". 

Futter ist eine enorm wichtige Ressource für einen Hund, schließlich hängt sein Überleben daran. Und sehr wahrscheinlich gab es schon jede Menge Anzeichen dafür, dass der Hund den Futterdiebstahl nicht toll fand. 

Ganz sicher hat er zunächst mit feinen körpersprachlichen Signalen geäußert, dass er bereit ist, sein Futter zu verteidigen. Doch der Mensch hat es nicht wahrgenommen. Vielleicht hat der Hund an einer Stelle auch geknurrt, hat somit schon ein recht deutliches Signal an den Menschen gesendet, dass dieser besser auf Abstand geht und das Futter stehen lässt. 

Doch knurren darf der Hund doch nicht - zumindest meinen das immer noch viele Menschen. Ab hier wird es so richtig fatal. Jegliche Bestrebungen des Hundes die Situation aufzulösen, dem anderen mitzuteilen, hey, lass die Finger von meinem Futter, verliefen im Sande. 

Als er nun deutlicher wurde und knurrte, wurde er dafür bestraft. Der Hund lässt also das Knurren, was kommt dann aber als nächstes? Er beginnt zu schnappen - der Mensch, unterbindet dies, hält ihm vielleicht sogar die Schnauze zu - schließlich geht so ein Verhalten ja gar nicht. 

Der Hund lernt, alle Bemühungen sind umsonst, der Mensch wird sogar immer zudringlicher und schließlich ist er am Ende der Eskalationsleiter angekommen und beißt zu - seine letzte Option.
Der Grund dafür? Seine Signale wurden missachtet, aus Hundesicht wurde völlig irrational gehandelt und somit das Verteidigen einer Ressource, in diesem Fall Futter, durch den Menschen herbeigeführt. Man hat ihm keine Wahl gelassen.

Ich darf also meinem Hund kein Futter wegnehmen? 

Doch! 

Aber es muss vorher trainiert werden, und zwar so, dass es für den Hund berechenbar wird, dass er sich drauf einstellen kann. 

Das erreiche ich, indem ich z.B. einen Tausch aufbaue. Der Hund gibt mir zunächst eine sehr geringwertige Ressource und bekommt dafür eine hochwertigere Belohnung. 

Er lernt, wenn der Mensch das Signal fürs Tauschen benutzt, gebe ich ihm, was ich habe und bekomme was Besseres. Ein Hund, der das gelernt hat, sieht seinen Menschen als verlässlichen Partner an und diesem Hund kann ich im Notfall ohne Probleme etwas wegnehmen, was eventuell gefährlich ist. Der Hund wird kein Problem damit haben. Selbst, wenn mal keine höherwertige Belohnung zur Hand ist, wird der Hund das problemlos tolerieren. Im Nachgang sollte das entsprechende Signal wieder "aufgeladen" werden, indem es wieder ein paar Mal richtig tolle Belohnungen dafür gibt.

Der Begriff Dominanz im Kontext Mensch-Hund wird also völlig falsch verwendet. Es sind Fehler des Menschen im Umgang mit seinem Hund, die Situationen heraufbeschwören, die dann damit kommentiert werden, der Hund sei Menschen gegenüber dominant. Nein, die Menschen sind gegenüber ihrem Hund aus seiner Sicht völlig irrational und unberechenbar.

Wenn ihr Probleme im Zusammenleben mit eurem Hund habt, gibt es einen Grund dafür und den solltet ihr herausfinden. Kommt ihr allein nicht weiter, holt euch Hilfe bei einem Hundetrainer und werdet hellhörig, wenn da von Dominanz die Rede ist. Ihr wisst es ja jetzt besser .

Gern unterstütze ich auch dich und deinen Hund, wenn ihr Hilfe braucht.

Oskar hat gelernt mir seine Ressourcen zu überlassen, wenn ich es ihm sage. Er hat kein Problem, wenn ich etwas nehme, hat er doch gelernt, dass er mir absolut vertrauen kann. 

Belohnungsbasiertes Training

Belohnungen - ein Streitthema?

 

Ja, Belohnungen sind ein Dauerstreitthema unter Hundehaltern und auch -trainern. 

Da gibt es die, die vermeintlich ohne Belohnung arbeiten oder sagen wir mal so, diejenigen, die ohne Futterbelohnung arbeiten. Denn komplett ohne Belohnung zu arbeiten, ist nicht möglich, genauso wie es auch nicht möglich ist, komplett ohne Strafen zu arbeiten. Damit meine ich nicht, dass ich auf Strafen im Hundetraining setze. Rein lerntheoretisch ist es jedoch nicht möglich, ohne Verstärkung (=Belohnung) oder ohne Strafen zu arbeiten. Das möchte ich noch näher erklären, nicht dass hier Missverständnisse auftreten. 

 

Ein Beispiel dazu:

Dein Hund macht fünf Mal "Sitz", wofür du ihn fünf Mal belohnst (Futter, Spiel, verbal ...). Er macht es noch ein sechstes Mal, dieses Mal bekommt er aber keine Belohnung. Du hast deinen Hund jetzt nicht nur nicht belohnt, sondern auch gestraft. Ja, du hast ihn gestraft, denn du hast ihm etwas vorenthalten, was er fest mit diesem Verhalten verbunden hatte. Er hatte eine Erwartungshaltung, die du nicht erfüllt hast. Du siehst, deinen Hund strafen, heißt nicht automatisch, ihn z.B. Schmerzen oder Schreckreizen auszusetzen. 

Belohnungen

 

Mal ganz ehrlich – arbeitest du gern ohne Belohnung? 

Und was ist eigentlich eine Belohnung? Auf jeden Fall ist es viel mehr als Kekse werfen. Belohnung ist all das, was dem aktuellen Bedürfnis des Hundes entspricht und das Auftreten des davor gezeigten Verhaltens wahrscheinlicher macht und letztlich dazu führt, dass das Verhalten öfter gezeigt wird. Außerdem wirken Belohnungen motivierend, sowohl auf Hunde als auch auf Menschen. Ein Keks kann aber auch mal keine Belohnung sein, wenn der Hund ein ganz anderes Bedürfnis als Nahrungsaufnahme hat. 

 

Ok, das war ziemlich theoretisch, stimmt's? 

 

Ein Beispiel: 

Dein Hund findet Fleischwurst super und hat gelernt, sich vor dir hinzusetzen, um ruhig zu warten, was als Nächstes passieren soll. Du gibst ihm daraufhin ein Stück Fleischwurst. Dein Hund lernt (ja, er lernt immer!) - ich setze mich vor meinem Menschen ruhig hin und dann passiert was Schönes. Er wird das Verhalten öfter zeigen, denn das hat ihm schließlich Fleischwurst eingebracht. Hunde zeigen vermehrt Verhalten, dass sich für sie lohnt. Wäre sonst ja auch Energieverschwendung. 

 

Die andere Variante - ein Hund setzt sich zufällig ruhig vor seinem Menschen hin. Er bekommt dafür nichts, denn der Mensch findet, das ist doch selbstverständlich. Der Hund lernt, dass es ihm keinen Vorteil bringt, ruhig in der Nähe seines Menschen zu sitzen. Beim nächsten Mal wird er wahrscheinlich ein anderes Verhalten zeigen, vielleicht möchte er die Aufmerksamkeit des Menschen und springt aufgeregt um ihn herum. Dieses Mal reagiert der Mensch. Er spricht ihn an und sagt ihm, er soll damit aufhören. Der Hund hat erreicht, was er wollte, er bekam Aufmerksamkeit. Er hat gelernt, wildes Umherspringen bringt mir Aufmerksamkeit von meinem Menschen. Das zeige ich bei der nächsten Gelegenheit wieder. Der Mensch hat seinem Hund erfolgreich beigebracht, dass Umherspringen lohnend ist. 

Was möchte ich damit zeigen?

 

Nun ein Hund lernt immer und man kann seinen Hund bewusst belohnen und damit erwünschtes Verhalten verstärken, es also öfter auftreten lassen . Oder man kann seinen Hund unbeabsichtigt belohnen und schon lernt er etwas, das wir nicht wollen. Oder, man belohnt seinen Hund bewusst nicht, denn schließlich soll er das doch ohne Belohnungen machen, einfach nur für mich, aber Verhalten zu ignorieren, löscht dieses Verhalten irgendwann. Der Hund wird es nicht mehr zeigen. 

 

Belohnungen passieren viel öfter im Alltag, als wir sie bewusst steuern. Oftmals sind wir aber auch sehr unaufmerksam und Verhalten, was wir uns von unserem Hund wünschen, ignorieren wir und vergeben uns damit die Chance beiläufig erwünschtes Verhalten zu verstärken. Oder wir verstärken unbewusst Verhalten, das wir doch eigentlich gar nicht möchten.

 

Belohnungen sind also gar nicht so einfach und es ist viel mehr, als nur einfach Kekse werfen. Mit der richtigen Technik, dem richtigen Timing und der richtigen (bedürfnisgerechten) Belohnung, komme ich schnell ans Trainingsziel. 

Belohnungen - gefährlich für die Mensch-Hund-Beziehung?

 

Es gibt tatsächlich Menschen, die so etwas behaupten. Schließlich würde der Hund nur alles machen, damit er belohnt wird, nicht, weil er seinen Menschen liebt oder ihm blindlings folgt. 

 

Daher hier mal die Nebenwirkungen von Belohnungen: Es ist durchaus möglich, dass ich Verhalten belohne, das ich eigentlich nicht möchte. Ok, es ist passiert, wer hat Schuld - ich selbst, weil ich zu langsam, zu schnell, zu ungenau war. Was passiert im schlimmsten Fall beim Hund. Das Verhalten wurde einmal verstärkt, berichtigt man sein Timing, lernt der Hund trotzdem schnell, was ich eigentlich von ihm möchte. Belohne ich weiter mit falschem Timing, komme ich wahrscheinlich nicht an mein Trainingsziel. Dem Hund geht es aber nach wie vor gut und er hat eine tolle Beziehung zu seinem Menschen, voller Vertrauen, denn von seinem Menschen geht keine Gefahr aus, er ist ein verlässlicher Partner. 

 

Sehen wir uns nun mal an, was passiert, wenn ich Techniken anwende, die meinen Hund in Angst versetzen, ihm Schmerzen zufügen oder ihn bedrängen, so dass auch hier Angst ein Thema sein könnte, aber zumindest Unwohlsein oder Stress entsteht. Allein mit all dem, was ich bis jetzt dazu geschrieben habe, sollte eigentlich dazu führen zu sagen, dass man so nicht mit seinem Hund arbeiten möchte. Aber sehen wir genauer hin. 

Du hast dich also entschlossen, dein Hund wird ohne "Tam Tam" erzogen. Der wird schon merken, was ich von ihm will. Zieht er an der Leine, zerre ich ihn zurück, muckt er auf, kriegt er einen Klaps. Allein diese beiden Aktionen können jede Menge Nebenwirkungen haben. Die unmittelbare Wirkung ist - Schreck, eventuell Schmerz, sehr wahrscheinlich auch Angst. Dein Hund kann nämlich nicht verstehen, was gerade passiert ist. Er wollte an eine spannende Duftstelle, er war total darauf fixiert. Plötzlich schnürt es ihm die Luft ab, ein scharfer Schmerz fährt durch seinen Hals, er wird zurückgerissen. Möglicherweise verliert er auch noch den Kontakt zum Boden mit einer oder mehreren Gliedmaßen. Genau in dem Moment sieht er einen entgegenkommenden Hund. Er fühlt sich total verunsichert und sieht dann einen Artgenossen. Die Verknüpfung - fremder Hund taucht auf, mir ergeht es schlecht - kann bereits beim ersten Mal entstehen. Der Hund kommt näher, dein Hund fühlt sich immer noch nicht gut, er ist gestresst, von dem was gerade vorher passiert ist. Er knurrt, um den anderen Hund von sich fernzuhalten. Du findest das unmöglich, zack - ein Klaps auf den Hintern deines Hundes. Der soll ja schließlich nicht knurren, wenn ein anderer Hund auftaucht. Deinem Hund geht es nun also noch schlechter beim Anblick des anderen Hundes. Er erschrickt sich erneut, eventuell triffst du ihn an einer empfindlichen Stelle und er empfindet auch noch Schmerz und womöglich hat er mitbekommen, dass du ihm das zugefügt hast. 

Was lernt dein Hund nun also? Anderer Hund taucht auf, mir geht es schlecht. Zu allem Überfluss, fügt mein Mensch mir Schmerzen zu. Er verliert das Vertrauen zu dir und dein Hund wird andere Hunde doof finden, schließlich führen die dazu, dass es ihm schlecht geht. Du hast nun den ersten Schritt in eine Leinenaggression geschafft und womöglich hast du bereits mit einer solchen Aktion eure Mensch-Hund-Beziehung nachhaltig gestört. Dein Hund lernt auf jeden Fall, dass er nicht mit dir rechnen kann, er muss sich selbst kümmern ...

 

Welche Art des Trainings würdest du vorziehen und wodurch wird eure Beziehung gestärkt? Welche Nebenwirkungen sind verschmerzbar, welche können unter Umständen gefährlich werden? Ich denke, die Antwort darauf erübrigt sich. 

Du möchtest lernen, wie du mit deinem Hund bedürfnisgerecht und auf Basis von Belohnung arbeiten kannst? Melde dich gern bei mir und vereinbare einen Termin. 

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